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Von allen unseren Spielfakttoren ist der Materialvorteil derjenige, der am einfachsten zu erkennen ist: Man muß ja nur die Klötzchen zählen! Die anderen Faktoren sind schwieriger zu beurteilen: Sind meine Figuren wirklich aktiver? Habe ich echten Raumvorteil? Stehen meine Bauern besser? Mitunter sind diese Fragen nicht so eindeutig zu beantworten. Nur beim Material ist die Sache einfach und deshalb ist die Materialverteilung auch das Kriterium, dass man bewusst oder unbewusst immer zuerst beachtet (ob das bei sehr starken Spielern vielleicht anders ist, weil sie mehr von dem Spiel verstehen, weiß ich nicht). Für den Neuling ist es daher wichtig, dass er sich nach jedem Zug des Gegners zwei einfache Fragen stellt und dies beantwortet:
1. Kann ich jetzt etwas schlagen?
2. Kann er mir im nächsten Zug etwas schlagen?
Das muss wirklich in Fleisch und Blut übergehen! Also bitte:
1. Kann ich jetzt etwas schlagen?
2. Kann er mir im nächsten Zug etwas schlagen?
Im Englischen nennt sich diese kurze Prüfung Blunder Check (Blunder = Patzer), die kurze Prüfung auf grobe Drohungen und grobe Fehler. Erfahrene Spieler machen diese Check als Automatismus nach jedem Zug - was nicht heißt, das er immer funktioniert. Egal in welcher Spielklasse, egal in welchem Wettbewerb - Spieler verlieren immer wieder Figuren, indem sie diese Fragen entweder vergessen oder nicht sorgfältig genug geprüft haben. Im Blitzschach ist oft keine Zeit dafür, da werden die Figuren beinahe reihenweise "eingepatzt", das kennt jeder Spieler. Aber auch bei langer Bedenkzeit passiert es hin und wieder, sogar den besten Spielern der Welt. Wie z.B. dem besten deutschen Spieler Arkadi Naiditsch in einer aktuellen Partie gegen den Niederländer Robin van Kampen:
Spielern vom Kaliber Naiditsch's passiert so etwas so alle paar Jahre, weil ihre Frühwarn-Systeme im Normalfall jede Bedrohung sofort wahrnehmen. Und so ein Frühwarn-System muss man sich mit viel Spielpraxis antrainieren. Also nochmals:
1. Kann ich jetzt etwas schlagen?
2. Kann er mir im nächsten Zug etwas schlagen?
Nehmt Euch ein einen Moment für diese Prüfung. Der berühmte Großmeister Paul Keres aus Estland sagte dazu: Der Schachspieler soll auf seinen Händen sitzen! Damit er erst einen Moment überlegt und dann zieht.